Politik
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No. 1 An euch „Rebellen“ da draußen:

STUTTGART. NACHT. 20/21. JUNI 2020 – KRAWALLE

In der Nacht des 20. auf den 21. JUNI 2020 werden in Stuttgart Schaufensterscheiben eingeschlagen, Einkaufsläden geplündert und Polizeibeamte sowie Rettungskräfte angegriffen. Zurückzuführen ist dies auf die Rauschgiftkontrolle bei einem Minderjährigen im Stuttgarter Schlossgarten durch die Polizei.

Was passiert in jener Nacht in Stuttgart, sodass eine routinemäßige Kontrolle der Einsatzkräfte zu einer Krawallnacht mit solch eskalativen Ausmaßen werden kann?

DIE EREIGNISSE

Bereits drei Wochen zuvor führt die Missachtung der erlassenen Auflagen zur Eindämmung der SARS-CoV-2 Pandemie in der Nacht des 30. auf den 31. MAI 2020 zu Auseinandersetzungen. Auf dem Schlossplatz halten sich ungefähr 500 Personen auf. Beteiligte Polizeikräfte werden beim Einschreiten gegen Mitternacht sowohl mit Steinen als auch mit Flaschen beworfen. [1-001]

Jugendliche beschreiben einen wöchentlichen, inkrementellen Anstieg der Personenzahl und der Anspannung im Schlosspark seit Beginn der SARS-Cov-2-Pandemie. [1-002]

In den Wochen bis zur Krawallnacht wird von anhaltenden Schwierigkeiten und zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen überwiegend jungen Menschen und Polizeikräften in geringerem Ausmaß gesprochen. Als Novum wird die Inszenierung dieser Verhaltensweisen innerhalb von sozialen Medien beschrieben. [1-003]

20. JUNI 23:30 Uhr: Die Polizei kontrolliert einen 17-jährigen jungen Mann aufgrund eines mutmaßlichen Rauschgiftdeliktes mit anschließender, vorläufiger Festnahme des Tatverdächtigen. Daraufhin folgt laut Bericht der Polizei Baden-Württemberg die Solidarisierung einer Vielzahl umstehender Personen, welche die Einsatzkräfte mit Steinen und Flaschen bewerfen. Mithilfe nachgeforderter Einsatzkräfte sowie durch Verwendung von unmittelbarem Zwang und Pfefferspray wandert die Gruppe in Richtung Schlossplatz, wo sich weitere anwesende Personen der Solidarisierung anschließen. Polizeivizepräsident von Stuttgart Thomas Berger nennt eine Gruppe von zunächst 200-300 Personen aus der “Partyszene”, welche im weiteren Verlauf auf 400-500 Personen anwächst. [1-004]

Kurz darauf bilden sich mehrere bis dutzende Kleingruppen, die ausgehend vom Schlossplatz durch die Stuttgarter Innenstadt und Fußgängerzone ziehen. Mithilfe von Pflastersteinen oder anderen Gegenständen werden eine Vielzahl von Geschäften beschädigt, Schaufenster zerstört und Auslagen teilweise geplündert. Darunter sind Juweliere, Handygeschäfte, ein Fast-Food-Restaurant und ein Ein-Euro-Shop. Polizeikräfte erleiden Verletzungen, Einsatzfahrzeuge erhalten Beschädigungen durch diverse Gewalteinwirkungen und teilweise werden Fahrzeugscheiben eingeschlagen. Mehrere Videoaufzeichnungen zeigen später die verschiedenen Zerstörungen, welche in dieser Nacht stattfinden. Die Gesichter mancher Personen sind dabei von Masken bedeckt. Zur Unterstützung der Einsatzkräfte werden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte aus dem gesamten Bundesland Baden-Württemberg in die Landeshauptstadt Stuttgart gerufen. [1-005]

Ralph Schuster, der Rettungsdienst-Leiter beim Deutschen Roten Kreuz, berichtet von mehreren aggressiven Gruppen in Stuttgart, über welche die Integrierte Leitstelle bereits vor Mitternacht informiert wird. Zum Zeitpunkt der Krawalle in der Stuttgarter Innenstadt sind bereits 18 Fahrzeuge sowie 34 Mitarbeitende diverser Hilfsorganisationen im Einsatz. Dabei werden Einsatzkräfte in ihrer Tätigkeit teilweise massiv behindert, körperlich oder verbal angegriffen und sind gezwungen mit Polizeischutz zu Verletzten vorzudringen. In einem Beispiel wird ein Rettungsfahrzeug stark beschädigt, in welchem Einsatzkräfte und Patient Schutz suchen. Eine Auszubildende befindet sich hinter der Windschutzscheibe als diese durch einen Flaschenwurf zerstört wird. [1-006]

21. JUNI 2020 4:30 Uhr: Mithilfe der unterstützenden Einsatzkräfte aus Baden-Württemberg kann die Lage beruhigt werden. Im Tagesverlauf werden folgende Informationen veröffentlicht [1-007]:

  • 400-500 Personen zum Höhepunkt der Ausschreitungen
  • 24 Personen vorläufig festgenommen
  • 280 Polizeikräfte vor Ort, 19 Beamtinnen und Beamte verletzt
  • 7 Tatverdächtige unter 18 Jahre, 7 Tatverdächtige 18-21 Jahre
  • 40 Geschäfte beschädigt, 9 davon teilweise geplündert
  • 12 Einsatzfahrzeuge beschädigt

In den zwei darauffolgenden Tagen informiert der Innenminister von Baden-Württemberg Thomas Strobl (CDU) unter anderem darüber, dass viele der festgenommenen Tatverdächtigen alkoholisiert waren – darunter ein 20-Jähriger mit 2,34 Promille. Von den festgenommenen Personen sind 15 bereits polizeilich bekannt. Von den Tatverdächtigen werden 9 Männer dem Haftrichter vorgeführt und 15 wieder freigelassen. Der entstandene Sachschaden wird auf einen siebenstelligen Betrag geschätzt. [1-008]

Im Bericht der Polizei Baden-Württemberg vom 22.06.2020 werden 30 Geschäfte mit Beschädigungen – darunter Juweliere, Mobilfunk- sowie Bekleidungsläden – 8 geplünderte Geschäfte, zerstörte Werbetafeln und angebrachte Graffiti genannt. [1-009]

Laut Pressemitteilung des Landtags Baden-Württemberg vom 24.06.2020 gelten folgende Informationen [1-010]:

  • 25 Tatverdächtige im Alter von 14-33 Jahren festgenommen
  • 7 jugendliche sowie 8 heranwachsende Tatverdächtige
  • 15 Tatverdächtige bereits polizeilich bekannt
  • Hälfte der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit
  • 37 Ladengeschäfte beschädigt, 9 Ladengeschäfte geplündert
  • Passanten & 23 Polizeikräfte verletzt (zwei davon stationär)
  • 18 Einsatzfahrzeuge beschädigt

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